Gudrun Hanisch

Textilgestaltung und Grafik

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Gudrun Hanisch

Collagen leben vom Ausspielen gegensätzlicher Elemente, sie können in der Form, in der Farbe, im Material oder in den Themen unterschiedlich sein. In den hier gezeigten Seidencollagen sind die Farben nicht an unterschiedliche, sondern an ähnliche Formelemente gebunden, und das Material ist immer Seide. In der Überlagerung vieler Farben entstehen Strömungen, die an die Bewegung in Schwärmen erinnern. Im Setzen jedes Teilchens reagiere ich auf schon vorhandene Teilchen und im vielfachen Wiederholen formiert sich der Fluss. Minimale Veränderungen des immer wieder Gleichen schaffen differenzierte Farbnuancen, und in der Distanz des Betrachtens werden sie zu malerischen Farbspielen. Die gesetzten dunklen Linien durchbrechen die Weichheit der Farbstruktur in starkem Kontrast und dominieren als klare Form. Der eigene Bewegungsrhythmus und die zeichnerische Linie schaffen die Sprache dieser Collagen. Die Collagen sind verdichtete Eindrücke aus meinen Wahrnehmungen, sie sind Verknüpfungen mit Gedachtem und mit Erlebtem. Sie sind die beschränkten Sichten einer Person, meiner Person, die sich eine Ansicht von der Welt zu bilden sucht. Meine Collagen sind Ausschnitte aus einem unüberschaubaren Zusammenhang, sie sind Ahnung von dem, was sein könnte. Ich kann mich Wesentlichem nur nähern und in meiner Sprache mitteilen.

Die Faltungen sind ein Thema, das mich schon in den achtziger Jahren fasziniert hat. Immer mal wieder haben sie sich gemeldet, und ich habe immer andere Spielarten mit ihnen gefunden. In meinen Fotomontagen dienen reale Faltungen im Detail oder in neuen Kombinationen als Ideengeber. Zwischen Falten kann Luft sein, sie können gepresst und wieder geglättet sein, die Oberfläche kann zum Bildträger werden und man kann Behältnisse mit ihnen formen. Die Falte steht für Verdecken von Bereichen, für unsichtbar sein, für Irritation, sowohl in der gedanklichen Erinnerung wie im Ergebnis eines neuen Zusammenhangs. Sie sind auch in der Fotomontage nicht das, was sie scheinen. Die Montage am Computer bietet mir die Möglichkeit, Räumliches und Skulpturales zu simulieren, mit den Falten zu jonglieren und auf diesem Wege eine Ebene optischer Täuschung mit neuen Assoziationen zu füllen. Die hier verwendeten Fotos sind mit dem Grafikprogramm des Rechners verändert worden und ergeben so ein visuell neues Gebilde. Das Schachspiel stand Pate bei diesen Faltfiguren. Schach als königliches Spiel, ein überaus komplexes Strategie-Spiel. Es ist auch ein Spiegel der Gesellschaft und zeigt Bewegungen menschlicher Verhaltensmuster. Im Kontext mit den Seidencollagen drängt sich mir dieser Zusammenhang auf. Meine Figuren kommen mit einem Augenzwinkern daher und nehmen dem Spiel etwas vom Ernst des Geschehens. Die scheinbare Realität der Figuren täuscht uns ebenso wie das reale Gesellschaftsspiel.

Hannover, 10. Juni 2016